AG: Als Folge von Verwaltungsgerichtsurteil soll das kantonale Schätzungswesen reformiert werden
Die Eigenmietwertbesteuerung des Kantons Aargau widerspricht dem StHG und ist damit bundesrechtswidrig. Dies stellte das Verwaltungsgericht Aargau am 16.09.2020 fest. Der Aargauer Regierungsrat hat jetzt eine Vernehmlassung zur geplanten Anpassung des Schätzungswesens eröffnet, das die Mängel beheben soll.
Im Folgenden die Medienmitteilung des Regierungsrates im Wortlaut:
Regierungsrat eröffnet die Anhörung betreffend Änderungen im steuerlichen Schätzungswesen
Mit dem Verwaltungsgerichtsurteil vom 16. September 2020 wurde der Kanton Aargau verpflichtet, die Eigenmietwertbesteuerung anzupassen. Auch bei den Vermögenssteuerwerten besteht Handlungsbedarf, da die Steuerwerte sich noch immer auf die Wertbasis von 1998 beziehen und damit nicht mehr den aktuellen Verkehrswerten entsprechen. Diese Praxis steht im Widerspruch zum Steuerharmonisierungsgesetz und ist somit bundesrechtswidrig. Mit der vorliegenden Anpassung werden diese zwei Mängel beseitigt und damit sichergestellt, dass die steuerliche Liegenschaftsbewertung im Kanton Aargau wieder den gesetzlichen und verwaltungsgerichtlichen Vorgaben entspricht. Die vorliegende Strategie Schätzungswesen ist zudem darauf ausgelegt, dass mögliche Ereignisse, wie eine immer noch denkbare Abschaffung des Eigenmietwerts, adäquat und ergebnisorientiert umgesetzt werden können. Mit der Revision wird zudem das Schätzungsverfahren vereinfacht und modernisiert.
Mit der Steuergesetzrevision zum Schätzungswesen und einem neuen, marktbezogenen Schätzungsmodell muss die Wiederherstellung der rechtskonformen und aktuellen Eigenmietwert- und Vermögensbesteuerung geschaffen werden. Gleichzeitig wird die steuerliche Grundstückbewertung vereinfacht und modernisiert.
Umsetzung von zwingendem Verfassungs- und Bundesrecht
Der Kanton Aargau hat keinen Handlungsspielraum: Die Eigenmietwertbesteuerung wird den Kantonen im Steuerharmonisierungsgesetz des Bundes vorgeschrieben. Mit dem Verwaltungsgerichtsentscheid vom 16. September 2020 wurde der Kanton Aargau verpflichtet, seine aktuelle Praxis der Eigenmietwertbesteuerung anzupassen. Die diesbezügliche Revision aus dem Jahr 2016 wurde vom Gericht als ungenügend gerügt. "Die Eigenmietwerte müssen aufgrund des Verfassungs- und Bundesrechts in jedem Einzelfall mindestens 60 Prozent der Marktmietwerte betragen, was heute trotz bereits erfolgten Anpassungen nicht der Fall ist. Mit den geplanten minimalen Anpassungen der Eigenmietwerte setzt der Kanton Aargau die vom Verwaltungsgericht geforderten, gesetzlichen Mindestanforderungen um," führt Finanzdirektor Markus Dieth die Gründe für diesen Handlungsbedarf aus.
Bei der Vermögensbesteuerung schreibt das Steuerharmonisierungsgesetz des Bundes vor, dass die Kantone das Vermögen zum Verkehrswert bewerten müssen. Auch hier besteht Handlungsbedarf, da die Wertbasis von 1998 bei Liegenschaften nicht mehr zu aktuellen Verkehrswerten führt. Diese Praxis steht im Widerspruch zum Steuerharmonisierungsgesetz und ist somit bundesrechtswidrig. Mit den revidierten Bestimmungen im Steuergesetz wird die Rechtskonformität des Aargauer Schätzungswesens wiederhergestellt und damit auch die Rechtsgleichheit von allen Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern wie auch von Personen mit Wohneigentum und Personen ohne Wohneigentum.
Schätzungsverfahren wird einfach, effizient und transparent
Mit dem neuen marktbasierten Schätzungsverfahren wird die Basis für eine einfache, effiziente und moderne steuerliche Bewertung der Liegenschaften gelegt. Finanzdirektor Markus Dieth erläutert: "Kernstück bildet das neue Bewertungsverfahren, das sich auf statistisch ausgewertete, effektive Kauf- und Mietpreise stützt. Damit können die beiden Veranlagungsgrössen "Vermögenssteuerwert" und "Eigenmietwert" einer Immobilie wesentlich einfacher, genauer und kundenfreundlicher festgelegt werden. Damit entfällt auch die bisherige Objektbesichtigung."
Provisorische finanzielle Auswirkungen der Anpassungen im Schätzungswesen
Mit der Einführung des neuen Modells resultieren aufgrund der notwendigen Anpassung der Vermögenssteuer- und Eigenmietwerte höhere Steuereinnahmen für Kanton und Gemeinden im Umfang von je rund 60 Millionen Franken pro Jahr (Wertbasis 2021). Der Grossteil dieser Mehreinnahmen entsteht durch die höheren Vermögenssteuerwerte; diese haben sich seit der letzten Allgemeinen Neuschätzung mit Wertbasis 1998 durchschnittlich um rund 42 Prozent erhöht (Basis 2021). Dies entspricht im Durchschnitt pro Liegenschaft einer geschätzten Steuerzunahme um 220 Franken je für Kanton und Gemeinden. Bei den Eigenmietwerten ist mit geringen Mehreinnahmen für den Kanton und die Gemeinden zu rechnen, weil diese bereits per 2016 im Median auf 60 Prozent der Marktmietwerte angehoben wurden. Diese haben sich seit der letzten Anpassung gemäss gesamtschweizerischen Mietpreisindex um 4 Prozent erhöht. Dies schlägt sich auf der Wertbasis 2021 mit einer durchschnittlichen, geschätzten Erhöhung der Liegenschaftsbesteuerung um rund 40 Franken je für Kanton und Gemeinden nieder.
Die ausgeführten Anpassungen der Liegenschaftsbesteuerung betreffen Immobilien von natürlichen Personen. Die Besteuerung der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke wird an die Wertverhältnisse gemäss der gültigen, eidgenössischen Anleitung von 2018 angepasst. Die Wertsteigerung beträgt in den überwiegenden Fällen gegenüber der noch angewendeten Schätzungsanleitung aus dem Jahr 1996 zwischen 20 bis 40 Prozent.
Die Eigenmiet- und Vermögenssteuerwerte können sich bis zum geplanten Inkrafttreten der Strategie Schätzungswesen per 1. Januar 2024 weiter verändern. Im 2. Quartal 2023 können die definitiven Auswirkungen berechnet werden.
Anliegen der Gemeinden werden erfüllt
Seitens der Gemeinden wird seit längerem die Schaffung eines Objektregisters verlangt, was mit dem neuen Bewertungsmodell ermöglicht wird. Mit einem zentralen Objektregister können alle wertrelevanten Objektdaten digital zur Verfügung gestellt werden. Damit profitieren die Gemeinden von der Digitalisierung der Immobiliendaten.
Eröffnung Anhörung
Die öffentliche Anhörung zur Anpassung der steuerlichen Liegenschaftsbewertung dauert vom 25. Februar bis am 31. Mai 2022.
Unterlagen zur Anhörung Schätzungswesen; Steuergesetz (StG); Änderung